BADISCHE ZEITUNG
07 I 2021
Hofkapelle nach 100 Jahren wieder neu geweiht
Auf dem Hebsackgut gibt es seit 1689 ein kleines Kirchlein
WIEDERSEHEN! VON UNSEREM MITARBEITER HANS SIGMUND
HERDERN.
Am Donnerstag, den 22. Mai 2014, wurde im Rahmen einer kleinen Feier die über 300 Jahre alte Hofkapelle wieder neu in Betrieb genommen. Da nur wenige geladene Gäste kommen konnten, berichten wir im Rahmen dieser Serie über dieses heute eher seltene Ereignis.
Wahrscheinlich befand sich schon zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges über Herdern ein landwirtschaftlich genutztes Anwesen. Erstmalig wird in den Freiburger Stadtarchiv-Akten im Jahre 1689 ein „Gut, der Hebsack genannt“, erwähnt, das damals der Zunftmeister und Tuchhändler Wilhelm König zu eigen hatte. 1737 brachte seine Tochter Maria Verena bei der Hochzeit mit Franz Baumann ihren Hebsackanteil mit in die Ehe. Am 4. Januar 1782 übergab Anna Elisabetha Müllerin, geb. Königin, das Hofgut in die Hände ihres Schwiegersohnes Fridolin Stork. 1822 heiratete Albert Moritz Schinzinger dessen Tochter Josephine und übernahm das Hofgut, zu dem auch eine große Lehmgrube (Ziegelei) im Gewann Neuen Berg gehörte. Schinzinger war als Wirtschaftsadministrator für die Vermögenswaltung der Universität verantwortlich. Um diese Zeit wurde wohl auf den Grundmauern des alten Gehöftes das heutige Ensemble im klassizistischen Stil erbaut. Als Architekt wird der Weinbrenner-Schüler Christoph Arnold, der in Freiburg einige Bauten plante und errichtete (z.B. Pfarrkirche St. Blasius, Pfarrhaus Herdern, Zähringer Vorstadt), angenommen. Immer gehörte zu dem Hofgut auch eine kleine Kapelle, die sich hinter der mächtigen Scheune mit dem gewölbten Dach verbarg. Sie gilt heute historisch als der älteste Teil des Anwesens. Vermutlich haben Augustinerdomherren, die zeitweise ebenfalls Besitz an dem Hof hatten, sie errichtet. Sie wurde auf den Namen „ Maria vom Schnee“ geweiht und von den Ordensleuten seelsorgerlich betreut. Das Hofgut blieb 90 Jahre im Eigentum der Familien Schinzinger, bis es im Jahr 1912 an die Stiftungsverwaltung verkauft wurde. Bis 1971 war die Landwirtschaft an die Familie Wilhelm Lebtig, die aus Horben stammte, verpachtet. Danach wurden die Gebäude zu Wohneinheiten umgestaltet. Die Kapelle aber wurde vergessen, fast 100 Jahre wurde sie meist nur als Lagerraum genutzt. Schon seit einiger Zeit trug sich die Ergotherapeutin Ruth Dörnemann, die seit 21 Jahren im Hebsackgut eine Wohnung gemietet hat, mit dem Gedanken, die Kapelle wieder in Betrieb zu nehmen. In Pfarrer Hubert Reichardt aus Merzhausen fand sie einen geistlichen Unterstützer. Mit ihm zusammen erreichte sie beim Erzbischöflichen Ordinariat die Genehmigung zur Neueinweihung des kleinen Gotteshauses. Mit der Eigentümerin, der Stiftungsverwaltung Freiburg, schloss sie einen Vertrag, der ihr erlaubt die Kapelle zu nutzen und auf eigene Kosten zu renovieren. Sie haftet persönlich für alle möglichen Schäden und darf in ganz beschränktem Umfang auch Personen zu Gottesdiensten und Andachten einladen. Da die Kapelle auf den Namen der Hl. Rita (*vor 1370, + 1447), deren Namenstag am 22. Mai gefeiert wird, geweiht werden sollte, fuhr sie vor wenigen Wochen in das Augustinerinnenkloster nach Cascia (Umbrien/Italien) und holte dort eine kleine Reliquie für den Altarstein. Ebenso ziert ein Bild, das die von Ruth Dörnemann sehr verehrte Heilige zeigt und von der Ärztin gemalt wurde, den Altar der kleinen Kapelle. Zur Einweihung kamen rund 60 geladene Gäste und feierten gemeinsam den Gottesdienst. Erstmals seit 100 Jahren ließ auch die kleine noch vorhandene Glocke wieder ihre Stimme erklingen.
Zu den beiliegenden Fotos:
-
Äußerlich meist renoviert, wurde die Kapelle die letzten 100 Jahre nur als Geräteschuppen genutzt
-
Nun glänzt das neu geweihte kleine Gotteshaus auch wieder im Innenraum
-
Über dem Altar hängt das Bildnis der Hl. Rita, auf die die Kapelle geweiht wurde
Fotos: Hans Sigmund
Zu „Maria vom Schnee“
Um den Weihetag der Basilica Santa Maria Maggiore am 5. August 434 rankt sich eine Legende, die allerdings nicht auf dieses Gründungsdatum, sondern auf den 5. August 352 (oder 358) bezogen ist. Danach soll die Gottesmutter in der Nacht auf den 5. August 358 dem römischen Patrizier Johannes und seiner Frau erschienen sein und versprochen haben, dass ihr Wunsch nach einem Sohn in Erfüllung gehe, wenn ihr zu Ehren eine Kirche an der Stelle errichtet werde, wo am nächsten Morgen Schnee liege. Das Ehepaar begab sich daraufhin zu Papst Liberius, der, wie man erfuhr, denselben Traum gehabt hatte. Am Morgen des 5. August sei dann die höchste Erhebung des Esquilinhügels von Schnee weiß gefärbt gewesen. Deshalb führt die Marienkirche bis heute auch die Bezeichnung Santa Maria ad Nives (Unsere Liebe Frau vom Schnee). Ein Gemälde von Masolino da Panicale, ursprünglich Teil des Polyptychons Pala Colonna, zeigt die Grundsteinlegung der Kirche mit dem Papst vor der schneebedeckten Fläche; nach Entfernung aus der Kirche wurde diese Bilderfolge zerteilt; das genannte Gemälde befindet sich heute im Museo di Capodimonte in Neapel. Auch Matthias Grünewald stellte 1517 auf einer Altartafel das sogenannte Schneewunder dar; das Bild befindet sich mittlerweile im Augustinermuseum in Freiburg.
Papst Liberius setzte im Jahr 354 den Termin zur Feier des Weihnachtsfestes auf den 25. Dezember fest. Er wurde 366 in den Priscilla-Katakomben an der Via Salaria beigesetzt. Er gilt als der einzige der frühen Bischöfe von Rom, der nicht als Heiliger verehrt worden ist. Im Liber Pontificalis ist diesem Papst ein eigenes Kapitel gewidmet.[7][8]
Autor: Hans Sigmund, bz
Badische Zeitung vom 31.07.2021